Existenz Erwartungswerte < Stochastik < Hochschule < Mathe < Vorhilfe
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(Umfrage) Beendete Umfrage | Datum: | 06:22 Do 08.11.2012 | Autor: | tobit09 |
Aufgabe 1 | Sei X eine beschränkte Zufallsgröße mit EX=7 und [mm] E(X^2)=0. [/mm] Bestimmen Sie den Erwartungswert von [mm] (X+5)^2. [/mm] |
Aufgabe 2 | Sei [mm] $(a_n)_{n\in\IN}$ [/mm] eine Folge reeller Zahlen, die gegen 3 konvergiere. Zeigen Sie, dass [mm] $(5a_n+3)_{n\in\IN}$ [/mm] gegen 18 konvergiert. |
Hallo zusammen,
meine Frage ist nicht wie üblich die nach einer Lösung der obigen Aufgaben, sondern nach der Bewertung von Lösungen.
Eine typische Studentenlösung von Aufgabe 1 wäre:
[mm] $E(X+5)^2=E(X^2+10X+25)=E(X^2)+E(10X)+E25=E(X^2)+10EX+E25=0+10*7+25=95$.
[/mm]
Eine typische Musterlösung sähe bei uns am Fachbereich dagegen erfahrungsgemäß so aus:
Da X beschränkt ist, ist auch [mm] $(X+5)^2$ [/mm] beschränkt. Somit existiert der Erwartungswert von [mm] $(X+5)^2$ [/mm] und es gilt
[mm] $E(X+5)^2=E(X^2+10X+25)=E(X^2)+E(10X)+E25=E(X^2)+10EX+E25=0+10*7+25=95$.
[/mm]
Nun ist es bei uns am Fachbereich üblich, für die Studentenlösung einen halben Punkt abzuziehen, da die Existenz des Erwartungswertes von [mm] $(X+5)^2$ [/mm] nicht begründet sei. Ich kann diesen Punktabzug nicht nachvollziehen.
Bei Aufgabe 2 würde folgende Lösung (zumindest nach dem 1. Semester) wohl anstandslos durchgehen:
[mm] $\lim_{n\to\infty}(5a_n+3)=(\lim_{n\to\infty}(5a_n))+(\lim_{n\to\infty}3)=5(\lim_{n\to\infty}a_n)+3=5*3+3=18$.
[/mm]
Auch hier wird die Existenz von [mm] $\lim_{n\to\infty}(5a_n+3)$ [/mm] nicht vorweg begründet. Wenn man die Rechnung aber von rechts nach links liest, folgt in jedem Schritt die Existenz der auftretenden Limiten.
Genauso folgt in der Studentenlösung von Aufgabe 1 bei Lesen der Rechnung von rechts nach links die Existenz aller auftretenden Erwartungswerte. Von daher halte ich den Verweis auf die Beschränktheit von X für überflüssig.
Wenn man sich auf den Standpunkt stellt, dass der Studentenlösung die Begründung mit dem "von rechts nach links Lesen" fehlt, so fehlt diese Begründung aus meiner Sicht in der Musterlösung genauso: Da werden ja unterwegs auch munter Erwartungswerte von Zufallsgrößen wie 10X gebildet, deren Existenz nicht explizit begründet wird.
Ich würde mich über jede Erklärung des Punktabzuges oder jede Bestätigung meiner Einschätzung freuen!
Viele Grüße
Tobias
P.S.: Vielleicht kann ein(e) Moderator(in) diese Frage als Umfrage deklarieren?
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 19:32 Fr 09.11.2012 | Autor: | wieschoo |
Hi,
> Sei X eine beschränkte Zufallsgröße mit EX=7 und
> [mm]E(X^2)=0.[/mm] Bestimmen Sie den Erwartungswert von [mm](X+5)^2.[/mm]
> Eine typische Studentenlösung von Aufgabe 1 wäre:
>
> [mm]E(X+5)^2=E(X^2+10X+25)=E(X^2)+E(10X)+E25=E(X^2)+10EX+E25=0+10*7+25=95[/mm].
>
>
> Eine typische Musterlösung sähe bei uns am Fachbereich
> dagegen erfahrungsgemäß so aus:
>
> Da X beschränkt ist, ist auch [mm](X+5)^2[/mm] beschränkt. Somit
> existiert der Erwartungswert von [mm](X+5)^2[/mm] und es gilt
>
> [mm]E(X+5)^2=E(X^2+10X+25)=E(X^2)+E(10X)+E25=E(X^2)+10EX+E25=0+10*7+25=95[/mm].
>
> Nun ist es bei uns am Fachbereich üblich, für die
> Studentenlösung einen halben Punkt abzuziehen, da die
> Existenz des Erwartungswertes von [mm](X+5)^2[/mm] nicht begründet
> sei. Ich kann diesen Punktabzug nicht nachvollziehen.
Ich aber. Wenn erwähnt wird, dass [mm]\mathbb{E} X[/mm] und [mm]\mathbb{E} (X+5)^2[/mm] beschränkt sind, dann sind ja auch wirklich offensichtlich (!)
[mm]\mathbb{E}(X^2+10X+25),\mathbb{E}(10X),\mathbb{E}25[/mm]
beschränkt. Und alles ist gut.
>
>
> Wenn man sich auf den Standpunkt stellt, dass der
> Studentenlösung die Begründung mit dem "von rechts nach
> links Lesen" fehlt, so fehlt diese Begründung aus meiner
> Sicht in der Musterlösung genauso: Da werden ja unterwegs
> auch munter Erwartungswerte von Zufallsgrößen wie 10X
> gebildet, deren Existenz nicht explizit begründet wird.
Irgendwo muss es ja auch gut sein. Eine Konstante aus dem E-Wert herauszuziehen ist ja keine große Veränderung. Als "Übungskind" sollte man aber irgendwo wenigstens einmal notieren, dass man sich vorher Gedanken über die Existenz gemacht hat und nicht einfach nur stupide rechnet.
>
>
> Ich würde mich über jede Erklärung des Punktabzuges oder
> jede Bestätigung meiner Einschätzung freuen!
>
Nebenbei bemerkt: Bei uns wurde nicht nur ein halber Punkt abgezogen. Man erhielt einfach nur die Hälfte der Punkte vond er ganzen Aufgabe, wenn in dieser jegliche Begründungen ganz weggelassen wurden.
Deswegen genügt auch: "Alle Erwartungswerte sind nicht unendlich."
Man muss sich ja vor Augen führen, dass Übungsaufgaben für das Üben an sich sind und nicht nur gerechnet werden soll. Da kann man auch kleine Begründungen erwarten, insbes. wenn es mehrere Punkte auf die Aufgabe gibt. Oder worauf möchtest du dann z.B. bei maximal 2 Punkten diese auf die Aufgabe verteilen?
Falls da nichts angekreidet wird, würde man dann genauso schlampig auch mal einfach den Limes ins Integral rutschen lassen oder man ordnet mal eben schnell die Summanden einer unendliche Summe um.
gruß
wieschoo
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 15:01 Sa 10.11.2012 | Autor: | tobit09 |
Hallo wieschoo,
danke für deine ausführliche Einschätzung! Freut mich, dass sich jemand meiner Frage angenommen hat.
> Ich aber. Wenn erwähnt wird, dass [mm]\mathbb{E} X[/mm] und
> [mm]\mathbb{E} (X+5)^2[/mm] beschränkt sind, dann sind ja auch
> wirklich offensichtlich (!)
> [mm]\mathbb{E}(X^2+10X+25),\mathbb{E}(10X),\mathbb{E}25[/mm]
> beschränkt. Und alles ist gut.
Die Beschränktheit von [mm] $(X+5)^2$ [/mm] wird ja auch in der Musterlösung als offensichtlich angenommen und nicht näher begründet. Es geht also aus meiner Sicht gar nicht um die Frage, wie offensichtlich die Beschränktheit der einzelnen Zufallsgrößen ist, sondern wie wichtig die Beschränktheit für die Argumentation ist. Und da ist die Beschränktheit von 10X nun genauso wichtig oder unwichtig wie die Beschränktheit von [mm] $(X+5)^2$.
[/mm]
> > Wenn man sich auf den Standpunkt stellt, dass der
> > Studentenlösung die Begründung mit dem "von rechts nach
> > links Lesen" fehlt, so fehlt diese Begründung aus meiner
> > Sicht in der Musterlösung genauso: Da werden ja unterwegs
> > auch munter Erwartungswerte von Zufallsgrößen wie 10X
> > gebildet, deren Existenz nicht explizit begründet wird.
> Irgendwo muss es ja auch gut sein. Eine Konstante aus dem
> E-Wert herauszuziehen ist ja keine große Veränderung.
Den Erwartungswert einer Summe durch die Summe der Erwartungswerte zu ersetzen aber schon. Das geht im Allgemeinen ja nicht, sondern nur, wenn die einzelnen Erwartungswerte existieren, was ja nicht aus der Existenz des Erwartungswertes der Summe folgt.
> Als
> "Übungskind" sollte man aber irgendwo wenigstens einmal
> notieren, dass man sich vorher Gedanken über die Existenz
> gemacht hat und nicht einfach nur stupide rechnet.
Hier lässt sich nunmal die Existenz des Erwartungswertes durch stupide Rechnung nachweisen.
> Nebenbei bemerkt: Bei uns wurde nicht nur ein halber Punkt
> abgezogen. Man erhielt einfach nur die Hälfte der Punkte
> vond er ganzen Aufgabe, wenn in dieser jegliche
> Begründungen ganz weggelassen wurden.
> Man muss sich ja vor Augen führen, dass Übungsaufgaben für das Üben
> an sich sind und nicht nur gerechnet werden soll. Da kann man auch
> kleine Begründungen erwarten, insbes. wenn es mehrere Punkte auf die Aufgabe gibt.
Das halte ich für zu pauschal. Das klingt für mich nicht nach "dort Begründen, wo es nötig ist", sondern nach "Begründen um des Begründen willens".
> Oder worauf möchtest du dann z.B. bei maximal 2 Punkten diese auf die Aufgabe verteilen?
Man könnte einfach weniger als 2 Punkte für diese Aufgabe geben.
> Falls da nichts angekreidet wird, würde man dann genauso
> schlampig auch mal einfach den Limes ins Integral rutschen
> lassen oder man ordnet mal eben schnell die Summanden einer
> unendliche Summe um.
Genau diese Schlampigkeit sehe ich aber auch in der Musterlösung an der Stelle, an der aus dem Erwartungswert einer Summe die Summe der Erwartungswerte wird.
> Deswegen genügt auch: "Alle Erwartungswerte sind nicht
> unendlich."
(Und existieren überhaupt.)
Das erscheint mir deutlich nachvollziehbarer. Vielleicht wäre Folgendes eine gute Lösung: "Die Rechnung zeigt (von rechts nach links gelesen) insbesondere die Existenz aller auftretenden Erwartungswerte." Wärst du damit zufrieden? Falls nein, würde ich es für am naheliegendsden halten, die Gleichungskette in umgekehrter Reihenfolge aufzuschreiben. Dann ist wirklich an jeder Stelle sofort klar, dass die entsprechenden Erwartungswerte existieren.
Ich hoffe nun, das meine "Widerworte" potenzielle Antwortgeber nicht abschrecken. Ich würde mich nämlich über weitere Meinungen freuen!
Viele Grüße
Tobias
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(Frage) überfällig | Datum: | 09:07 Do 22.11.2012 | Autor: | tobit09 |
Hallo nochmal,
bin noch weitere zwei Wochen an weiteren Einschätzungen interessiert!
Eine Frage noch an wieschoo: Wärst du als Korrigierender mit folgenden beiden Lösungen jeweils vollständig zufrieden?
1. "Die Rechnung zeigt (von rechts nach links gelesen) insbesondere die Existenz aller auftretenden Erwartungswerte."
2. Die Rechnung wird in umgekehrter Reihenfolge aufgeschrieben, so dass an jeder Stelle die Existenz der auftretenden Erwartungswerte klar ist.
Würde mich freuen, wenn du dafür noch einmal die Zeit finden würdest!
Viele Grüße
Tobias
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 18:15 Do 22.11.2012 | Autor: | wieschoo |
> Hallo nochmal,
>
>
> bin noch weitere zwei Wochen an weiteren Einschätzungen
> interessiert!
Dem schließe ich mich an.
>
>
> Eine Frage noch an wieschoo: Wärst du als Korrigierender
> mit folgenden beiden Lösungen jeweils vollständig
> zufrieden?
>
> 1. "Die Rechnung zeigt (von rechts nach links gelesen)
> insbesondere die Existenz aller auftretenden
> Erwartungswerte."
>
> 2. Die Rechnung wird in umgekehrter Reihenfolge
> aufgeschrieben, so dass an jeder Stelle die Existenz der
> auftretenden Erwartungswerte klar ist.
>
> Würde mich freuen, wenn du dafür noch einmal die Zeit
> finden würdest!
Wie schon in meinem letzten Beitrag geschrieben steht achte ich darauf, der "Autor" der Lösung mitteilt, dass er sich Gedanken über seinen Lösungsweg gemacht hat und nicht nur stur gerechnet hat.
Mathe ist eben etwas mehr als Rechnen und für eine Übungsserie hat man in der Regel ganze 7 Tage Zeit um eine Lösung auf das Blatt zu bringen. Da darf man erwarten, dass man sich mit dem Stoff nicht nur oberflächlich auseinander setzt.
Sowohl in 1. als auch in 2. würde es deutlich werden, dass derjenige Student sich mit dem Thema auseinander gesetzt hat und definitiv weiß warum die Rechnung, so wie sie dasteht, funktioniert und richtig ist.
Ich selbst löse auch so meine Übungsaufgaben. Ich wurde auch schon mittleweile mehrere Semester in die Richtung getrimmt. Und bin mittlerweile froh darüber.
>
>
> Viele Grüße
> Tobias
Ich möchte auch ein ähnliches Problem anbringen, was mich vor ein paar Wochen beschäftigte. Bei der Einführung der Begriffe Injektivität, Surjektivität erhält man die bekannten Definition.
Wie sieht es mit der Aufgabe aus:
"Sei [mm]f\colon \IR \to \IR,\; x\mapsto ax^2+bx[/mm]. Für welche Werte von [mm]a,b\in \IR[/mm] ist [mm]f[/mm] surjektiv, injektiv bzw. bijektiv."
Soll man erwarten, dass die vorhandenen Definition direkt angewendet werden, da die Aufgabenstellung darauf abzielt?
Oder reicht als Begründung, dass für [mm]a\neq 0[/mm] die Funktion eine Parabel und für [mm]a=0[/mm] die Funktion f eine affin lineare Funktion ist?
Soll man überhaupt eine Begründung erwarten?
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 13:38 Fr 23.11.2012 | Autor: | tobit09 |
Hallo wieschoo,
danke für deine erneute Antwort! Damit wäre für mich eine vernünftige Lösung gefunden, wie man ohne die Existenzfrage auszuklammern dennoch mit der Rechnung argumentieren kann.
Natürlich würde mich interessieren, ob auch andere mit dieser Lösung zufrieden wären.
> Ich möchte auch ein ähnliches Problem anbringen, was mich
> vor ein paar Wochen beschäftigte. Bei der Einführung der
> Begriffe Injektivität, Surjektivität erhält man die
> bekannten Definition.
>
> Wie sieht es mit der Aufgabe aus:
> "Sei [mm]f\colon \IR \to \IR,\; x\mapsto ax^2+bx[/mm]. Für welche
> Werte von [mm]a,b\in \IR[/mm] ist [mm]f[/mm] surjektiv, injektiv bzw.
> bijektiv."
>
> Soll man erwarten, dass die vorhandenen Definition direkt
> angewendet werden, da die Aufgabenstellung darauf abzielt?
> Oder reicht als Begründung, dass für [mm]a\neq 0[/mm] die Funktion
> eine Parabel und für [mm]a=0[/mm] die Funktion f eine affin
> lineare Funktion ist?
> Soll man überhaupt eine Begründung erwarten?
Am besten fände ich, die Aufgabenstellung würde so formuliert, dass klar daraus hervorgeht, ob eine bloße Angabe der Werte genügt oder ob eine genaue Begründung jedes einzelnen Falles erwartet wird. Als Übungsleiter würde ich (wenn ich diese Problematik denn rechtzeitig bemerkt hätte...) versuchen, die Erwartung des Aufgabenstellers zu erfragen und seine Antwort dann den Übungsgruppenteilnehmern mitzuteilen.
Wenn denn eine Begründung erwartet wird, wäre ich mit einer bloßen Argumentation am Graphen nicht vollständig zufrieden, da unbewiesene Aussagen über Parabeln und (affin) lineare Abbildungen eingehen. Ich würde allerdings auch nicht übermäßig viele Punkte abziehen, da ja erkennbar wäre, dass Injektivität und Surjektivität verstanden wurden.
Viele Grüße
Tobias
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Ich wäre auch daran interessiert, wie soetwas i.A. gesehen wird.
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Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 18:20 So 23.12.2012 | Autor: | matux |
$MATUXTEXT(ueberfaellige_frage)
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Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 09:20 Fr 07.12.2012 | Autor: | matux |
$MATUXTEXT(ueberfaellige_frage)
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