Geburtstagsproblem mal anders < Stochastik < Oberstufe < Schule < Mathe < Vorhilfe
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(Frage) beantwortet | Datum: | 11:29 Mi 07.04.2010 | Autor: | ms2008de |
Hallo,
Ich denke mal so ziemlich jeder kennt das Geburtstagsproblem, bei dem rauskommt dass schon bei 23 zufällig ausgewählten Personen mit einer Wahrscheinlichkeit von über 50% mindestens 2 am gleichem Tag Geburtstag haben.
Nun hab ich mir mal eine andere Frage gestellt und zwar:
Wie viele Personen muss man mindestens auswählen, damit mit einer Wahrscheinlichkeit von über 50% an jedem Tag des Jahres mindestens eine der Personen Geburtstag hat?
Dabei sollt man wieder davon ausgehen, dass alle Tage der 365 des Jahres gleich wahrscheinlich sind.
Ich komm hier irgendwie komplett nicht weiter, klar is auf jeden Fall, dass es über 365 Leute sein müssten und bei 365 Leuten müsste die Wahrscheinlichkeit [mm] \bruch{365!}{365^{365}} [/mm] sein, nur wie wäre das bei mehr als 365 Leuten...? Da steh ich noch komplett auf dem Schlauch.
Wäre jedem der Ideen für mich hat, dankbar.
Viele Grüße
ms2008de
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Nehmen wir [mm]n \geq 365[/mm] Personen und betrachten wir das Ereignis [mm]A[/mm], daß jeder Tag des Jahres als Geburtstag unter den [mm]n[/mm] Personen vorkommt. Beim Gegenereignis [mm]\bar{A}[/mm] kommt also mindestens ein Tag nicht als Geburtstag vor. Man kann das so schreiben:
[mm]\bar{A} = B_1 \cup B_2 \cup \ldots \cup B_{365}[/mm]
[mm]B_1[/mm] soll bedeuten, daß der 1. Tag des Jahres (also der 1. Januar) nicht als Geburtstag vorkommt, [mm]B_2[/mm], daß der 2. Tag des Jahres (also der 2. Januar) nicht vorkommt usw. bis schließlich [mm]B_{365}[/mm], daß der 31. Dezember nicht vorkommt.
Mit der Siebformel (Prinzip vom Ein- und Ausschluß) kann man die Wahrscheinlichkeit berechnen.
Man erhält zunächst
[mm]365^n \cdot P(B_1) = 364^n[/mm]
Und derselbe Wert ergibt sich für die anderen Indizes. Er kommt 365 Mal vor.
Dann die Zweierschnitte:
[mm]365^n \cdot P(B_1 \cap B_2) = 363^n[/mm]
Und derselbe Wert ergibt sich für die anderen Zweierschnitte, von denen es insgesamt [mm]{{365} \choose {2}}[/mm] gibt.
Dann die Dreierschnitte:
[mm]365^n \cdot P(B_1 \cap B_2 \cap B_3) = 362^n[/mm]
Und derselbe Wert ergibt sich für die anderen Dreierschnitte, von denen es insgesamt [mm]{{365} \choose {3}}[/mm] gibt.
Und so geht das weiter. Mit der Siebformel folgt
[mm]365^n \cdot P(\bar{A}) = {{365} \choose {1}} 364^n - {{365} \choose {2}} 363^n + {{365} \choose {3}} 362^n -+ \ldots - {{365} \choose {364}} 1^n + {{365} \choose {365}} 0^n[/mm]
Das heißt, wenn man wieder zu [mm]A[/mm] übergeht:
[mm]365^n \cdot P(A) = \sum_{k=0}^{365} (-1)^k {{365} \choose {k}} (365-k)^n[/mm]
Läßt man den Index anders herum laufen, sieht es schöner aus:
[mm]P(A) = \frac{1}{365^n} \sum_{k=0}^{365} (-1)^{k+1} {{365} \choose {k}} k^n[/mm]
Und jetzt mußt du überprüfen, für welches [mm]n[/mm] dieser Ausdruck [mm]\geq 0{,}5[/mm] wird. Dabei hast du allerdings ein Problem. Die Zahlen, die da wechselnd addiert und subtrahiert werden, sind so groß, zugleich aber von so unterschiedlichen Größenverhältnissen, daß das numerisch völlig instabil ist. Der Taschenrechner oder Computer wird dir mit der üblichen Arithmetik völlig falsche Werte liefern. Die Formel ist somit fürs praktische Rechnen nicht geeignet.
Ein Indiz, daß die Formel stimmt, ist der Spezialfall [mm]n=365[/mm]. Es gibt nämlich die folgende Formel:
[mm]\sum_{k=0}^m (-1)^k {{m} \choose {k}} k^m = (-1)^m m![/mm]
Daß sie stimmt, kannst du ja einmal für kleine Werte von [mm]m[/mm] nachrechnen. Mit [mm]m=365[/mm] bekommst du den von dir berechneten Wert bei 365 Personen. Wenn es irgendwie gelänge, eine Formel für
[mm]\sum_{k=0}^m (-1)^k {{m} \choose {k}} k^n[/mm]
im Fall [mm]n>m[/mm] zu finden, bestünde vielleicht eine Möglichkeit, dein Problem zu lösen. Erste Versuche haben Folgendes ergeben (noch nicht endgültig verifiziert):
[mm]n=m+1: \ \ \ \ldots = (-1)^m m! {{m+1} \choose 2}[/mm]
[mm]n=m+2: \ \ \ \ldots = (-1)^m m! {{m+2} \choose 3} \cdot \frac{3m+1}{4}[/mm]
[mm]n=m+3: \ \ \ \ldots = (-1)^m m! {{m+3} \choose 4} {{m+1} \choose {2}}[/mm]
Ob das so weitergeht, übersehe ich nicht.
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(Frage) beantwortet | Datum: | 11:35 Mi 14.04.2010 | Autor: | ms2008de |
Hallo,
Vielen Dank nochmals an Leopold_Gast, soweit hab ichs verstanden, nur noch eine Frage:
> Das heißt, wenn man wieder zu [mm]A[/mm] übergeht:
>
> [mm]365^n \cdot P(A) = \sum_{k=0}^{365} (-1)^k {{365} \choose {k}} (365-k)^n[/mm]
>
> Läßt man den Index anders herum laufen, sieht es schöner
> aus:
>
> [mm]P(A) = \frac{1}{365^n} \sum_{k=0}^{365} (-1)^{k+1} {{365} \choose {k}} k^n[/mm]
>
> Und jetzt mußt du überprüfen, für welches [mm]n[/mm] dieser
> Ausdruck [mm]\geq 0{,}5[/mm] wird.
Gibt es hier denn nun wirklich kein Programm, mit dem es möglich ist, auf die Lösung zu kommen, wenn ja welches und wie lautet die Lösung?
Vielen Dank nochmals.
Viele Grüße
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(Antwort) fertig | Datum: | 21:00 Mi 14.04.2010 | Autor: | luis52 |
Moin
> Gibt es hier denn nun wirklich kein Programm, mit dem es
> möglich ist, auf die Lösung zu kommen, wenn ja welches
> und wie lautet die Lösung?
> Vielen Dank nochmals.
Mit Mathematica finde *ich* [mm] $n\approx [/mm] 2300$.
vg Luis
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(Antwort) fertig | Datum: | 00:01 Do 15.04.2010 | Autor: | Blech |
Hi,
Luis hat recht.
Ein kostenloses Programm, mit dem man beliebige Präzision erreichen kann, ist z.B. Pari-GP
Wenn man die Summe in positive und negative Summanden aufspaltet, ist auch die Stabilität kein Problem. Man braucht nur ein Programm, das aberwitzig große Exponenten [mm] ($365^{3000}$) [/mm] abspeichern kann.
1: | gp > n=2286; sum(i=0,182,binomial(365,2*i+1)*(2*i+1)^n)/365^n - sum(i=0,182,binomial(365,2*i)*(2*i)^n)/365^n + 0.
| 2: | %1 = 0.4994141712818516677717797250
| 3: | gp > n=2287; sum(i=0,182,binomial(365,2*i+1)*(2*i+1)^n)/365^n - sum(i=0,182,binomial(365,2*i)*(2*i)^n)/365^n + 0.
| 4: | %2 = 0.5003707839369467445345922600
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(btw. ich vertraue darauf, daß die urspr. Formel stimmt. Die hab ich mir nämlich nicht näher angeschaut. 2300 klingt aber nach einer glaubwürdigen Zahl =)
ciao
Stefan
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