Gleiche Wahrscheinlichkeiten? < Stochastik < Hochschule < Mathe < Vorhilfe
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(Frage) beantwortet | Datum: | 14:32 Mo 24.10.2005 | Autor: | Philus |
Liebes Forum,
ich denke seit Tagen über folgendes Problem nach:
Frage:
Zwei Personen würfeln gegeneinander. Haben beide die gleiche Chance?
Person A hat folgende 'Würfel':
Oktaeder (W8) und Hexaeder (W6); Summe der max. Augenzahl = 14.
Person B hat folgende Würfel:
10seitig (W10) und Tetraeder (W4); Summe der max. Augenzahl = 14.
Wie gehe ich bei der Lösung vor?
Liebe Grüsse,
Philus
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Hallo Philus!
> Frage:
> Zwei Personen würfeln gegeneinander. Haben beide die
> gleiche Chance?
>
> Person A hat folgende 'Würfel':
> Oktaeder (W8) und Hexaeder (W6); Summe der max. Augenzahl
> = 14.
>
> Person B hat folgende Würfel:
> 10seitig (W10) und Tetraeder (W4); Summe der max.
> Augenzahl = 14.
>
> Wie gehe ich bei der Lösung vor?
Zunächst die intuitive Lösung: da beide Würfelsummen jeweils Ergebnisse von 2 bis 14 liefern und die Wahrscheinlichkeitsverteilungen jeweils symmetrisch zur 8 liegen, sollten die Chancen gleich hoch sein.
Analytisch kann man die tatsächliche Verteilung ja mal aufschreiben: Bei W8 und W6 gibt es insgesamt 48 mögliche Kombinationen, angefangen mit $(1,1), [mm] (1,2),\ldots, [/mm] (1,8)$ bis zu [mm] $(6,1),\ldots,(6,8)$. [/mm] Die erste Komponente steht also für W6, die zweite für W8. Am besten schreibt man diese Tupel zeilenweise auf, so dass am Ende ein Rechteck der Größe [mm] $6\times [/mm] 8$ entsteht. Die Diagonalen (von links unten nach rechts oben) geben nun jeweils Ergebnisse mit gleicher Augensumme an. So erhält man für die Wkt. ($X$ bezeichne die Augensumme beider Würfel)
$P(X=2)=P(X=14)=1/48, P(X=3)=P(X=13)=2/48, [mm] \ldots, [/mm] P(X=7)=P(X=8)=P(X=9)=6/48$
Für W4 und W10 geht man analog vor und erhält für die Augensumme $Y$
$P(Y=2)=P(Y=14)=1/40, P(Y=3)=P(Y=13)=2/40, P(Y=4)=P(Y=12)=3/40, [mm] P(Y=5)=\ldots=P(Y=11)=4/40$.
[/mm]
Jetzt können wir (die Unabhängigkeit von $X$ und $Y$ vorausgesetzt) auch leicht die Wkt. $P(X=Y)$ für das Ereignis, dass die Experimente dieselbe Augensumme ergeben, berechnen:
[mm] $P(X=Y)=\sum_{i=2}^{14} P(X=i,Y=i)=\sum_{i=2}^{14} P(X=i)\cdot P(Y=i)=\frac{172}{1920}$
[/mm]
Für $P(X<Y)$ gilt:
[mm] $P(X
Über die Gegenwahrscheinlichkeit erhält man
[mm] $P(X>Y)=1-\frac{874+172}{1920}=\frac{874}{1920}$
[/mm]
Tatsächlich ist also die Wkt., dass die erste Würfelkombination die zweite schlägt, genauso groß wie die Wkt. für das umgekehrte Ereignis.
Viele Grüße
Brigitte
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(Frage) beantwortet | Datum: | 09:34 Di 25.10.2005 | Autor: | Philus |
Hallo Brigitte!
Vielen Dank für die schnelle Antwort. Ich fühle mich geschmeichelt, dass sich jemand "meinem" Problem annimmt.
A. Ich folge der Argumentation noch gut bei der "intuitiven Lösung". Nur: Was meinst Du mit "symmetrisch zur 8"? bzw. wie kann man das beweisen?
B. Ich bräuchte noch Erläuterungen zur Argumentation ab dem Punkt: "Jetzt können wir ... die Wkt. ..., dass die Experimente dieselbe Augensumme ergeben, berechnen".
Mir sind die mathematischen Symbole zu unvertraut!
(Wenngleich ich sie sehr praktisch finde, um mit wenig Zeichen viel auszusagen - Verstehen vorausgesetzt!!).
Wofür steht das "P" (für Wahrscheinlichkeit?);
Was summierst du genau auf? Wie summiert man Wahrscheinlichkeiten?
Auch verstehe ich nicht die Symbole für die Wahrscheinlichkeiten, dass eine Wahrscheinlichkeit kleiner bzw. größer sei als die andere.
Ich würde mich sehr über einige kurze Erläuterungen freuen!
(Tut mir Leid, dass ich die "mathematische Sprache" nicht beherrsche!)
Herzlichen Gruß,
Philus
PS. Ich gehe davon aus, dass "Wkt." für "Wahrscheinlichkeit" steht!?
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(Antwort) fertig | Datum: | 11:11 Di 25.10.2005 | Autor: | Stefan |
Hallo Philus!
Wenn du die mathematischen Symbole nicht kennst, schlage ich vor, dass wir einfach auszählen.
(Oktaeder,Hexaeder):
Augensumme 2: eine Möglichkeit: (1,1)
Augensumme 3: zwei Möglichkeiten: (1,2), (2,1)
Augensumme 4: drei Möglichkeiten: (1,3), (2,2), (3,1)
Augensumme 5: vier Möglichkeiten: (1,4), (2,3), (3,2), (4,1)
Augensumme 6: fünf Möglichkeiten: (1,5), (2,4), (3,3), (4,2), (5,1)
Augensumme 7: sechs Möglichkeiten: (1,6), (2,5), (3,4), (4,3), (5,2), (6,1)
Augensumme 8: sechs Möglichkeiten: (2,6), (3,5), (4,4), (5,3), (6,2), (7,1)
Augensumme 9: sechs Möglichkeiten: (3,6), (4,5), (5,4), (6,3), (7,2), (8,1)
Augensumme 10: fünf Möglichkeiten: (4,6), (5,5), (6,4), (7,3), (8,2)
Augensumme 11: vier Möglichkeiten: (5,6), (6,5), (7,4), (8,3)
Augensumme 12: drei Möglichkeiten: (6,6), (7,5), (8,4)
Augensumme 13: zwei Möglichkeiten: (7,6), (8,5)
Augensumme 14: eine Möglichkeit: (8,6)
(10-Flächler,Tetraeder):
Augensumme 2: eine Möglichkeit: (1,1)
Augensumme 3: zwei Möglichkeiten: (1,2), (2,1)
Augensumme 4: drei Möglichkeiten: (1,3), (2,2), (3,1)
Augensumme 5: vier Möglichkeiten: (1,4), (2,3), (3,2), (4,1)
Augensumme 6: vier Möglichkeiten: (2,4), (3,3), (4,2), (5,1)
Augensumme 7: vier Möglichkeiten: (3,4), (4,3), (5,2), (6,1)
Augensumme 8: vier Möglichkeiten: (4,4), (5,3), (6,2), (7,1)
Augensumme 9: vier Möglichkeiten: (5,4), (6,3), (7,2), (8,1)
Augensumme 10: vier Möglichkeiten: (6,4), (7,3), (8,2), (9,1)
Augensumme 11: vier Möglichkeiten: (7,4), (8,3), (9,2), (10,1)
Augensumme 12: drei Möglichkeiten: (8,4), (9,3), (10,2)
Augensumme 13: zwei Möglichkeiten: (9,4), (10,3)
Augensumme 14: eine Möglichkeit: (10,4)
Jetzt siehst du schön die Symmetrie.
Wann gewinnt nun der zweite Spieler?
Wenn der erste Spieler die Augensumme 2 hat, dann in 39 Fällen.
Wenn der erste Spieler die Augensumme 3 hat (dafür hat er zwei Möglichkeiten), dann in 37 Fällen, also insgesamt in 74 Fällen.
Wenn der erste Spieler die Augensumme 4 hat (dafür hat er drei Möglichkeiten), dann in 34 Fällen, also insgesamt in 102 Fällen.
Usw.
Addiere alles zusammen und merke dir die Zahl (du darfst sie dir auch aufschreiben ).
Man könnte es jetzt, wie Brigitte, über die Gegenwahrscheinlichkeit machen, aber ich mach es jetzt andersherum direkt, aus Symmetrie- und didaktischen Gründen:
Wann gewinnt nun der erste Spieler?
Wenn der zweite Spieler die Augensumme 2 hat, dann in 47 Fällen.
Wenn der zweite Spieler die Augensumme 3 hat (dafür hat er zwei Möglichkeiten), dann in 45 Fällen, also insgesamt in 90 Fällen.
Wenn der zweite Spieler die Augensumme 4 hat (dafür hat er drei Möglichkeiten), dann in 42 Fällen, also insgesamt in 126 Fällen.
Usw.
Addiere alles zusammen.
Vergleiche diese Zahl mit der, die du vorher errechnet hast.
Beide Zahlen sind gleich.
Liebe Grüße
Stefan
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 09:13 Mi 26.10.2005 | Autor: | Philus |
Hallo Stefan!
Vielen Dank für die (didaktisch hervorragende) Antwort zu meinem Problem.
Nun ist auch mir als Nicht-Mathematiker die Vorgehensweise klar geworden.
Es ist also tatsächlich möglich, Spaß an Mathematik zu haben!! (Leider bin ich mathematisch einfach zu untalentiert, um mich in dem Bereich weiter zu bilden).
Ist es übrigens möglich, eine allgemeine Formel zu formulieren, in der man die (wechselnden) verwendeten Würfel (Anzahl der Flächen) eingibt und dann das Ergebnis bekommt?
(Ich habe in meinem Abiturjahr irgendwie die Stochastik verpennt!?! )
Ich finde es übrigens wirklich sehr bewundernswert, dass es Dir gelungen ist, die Mathematik so einfach zu erklären - ich wünschte es gäbe mehr Lehrer in den Schulen, die diese Fertigkeit hätten!
(So sehr ich mich über Brigittes Antwort gefreut habe; ich war einfach nicht in der Lage sie nachzuvollziehen - für einige Mathematiker vermutlich vollkommen unverständlich!)
Herzliche Grüße,
Philus
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