Ist die Formel exklusiv ? < Komplexe Zahlen < Analysis < Hochschule < Mathe < Vorhilfe
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Aufgabe | Zeige eine Formel, in der e, Pi, i, Null und Eins vorkommen.
e=2.71828... / Pi=3.14159... / i=Wurzel Minus Eins
Lösung A: [mm] (e+\pi)^{0*i} [/mm] = 1
Lösung B: [mm] e^{\pi*i}+1 [/mm] = 0
Bei Lösung A könnte man an Stelle von e, Pi und i auch jede andere Zahl einsetzen.
Doch wie ist das bei Lösung B? Ist diese Formel exklusiv? |
Angeblich soll es sich bei Lösung B um die "schönste Formel der Mathematik" handeln.
Aber ist die Formel [mm] e^{\pi*i}+1 [/mm] = 0 wirklich so exklusiv?
Falls ja, dann müssten sich die folgenden Schlussfolgerungen ergeben:
a) [mm] x^{\pi*i}+1 [/mm] = 0 [mm] \Rightarrow [/mm] x = e
b) [mm] e^{y*i}+1 [/mm] = 0 [mm] \Rightarrow [/mm] y = [mm] \pi
[/mm]
c) [mm] e^{\pi*z}+1 [/mm] = 0 [mm] \Rightarrow [/mm] z = i
Da ich mich mit komplexen Zahlen nicht auskenne, weiß ich nicht, ob a) b) und c) zutreffen.
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Status: |
(Antwort) fertig | Datum: | 08:19 Do 11.02.2010 | Autor: | felixf |
Moin!
> Zeige eine Formel, in der e, Pi, i, Null und Eins
> vorkommen.
> e=2.71828... / Pi=3.14159... / i=Wurzel Minus Eins
>
> Lösung A: [mm](e+\pi)^{0*i}[/mm] = 1
>
> Lösung B: [mm]e^{\pi*i}+1[/mm] = 0
>
> Bei Lösung A könnte man an Stelle von e, Pi und i auch
> jede andere Zahl einsetzen.
>
> Doch wie ist das bei Lösung B? Ist diese Formel exklusiv?
> Angeblich soll es sich bei Lösung B um die "schönste
> Formel der Mathematik" handeln.
>
> Aber ist die Formel [mm]e^{\pi*i}+1[/mm] = 0 wirklich so exklusiv?
> Falls ja, dann müssten sich die folgenden
> Schlussfolgerungen ergeben:
>
> a) [mm]x^{\pi*i}+1[/mm] = 0 [mm]\Rightarrow[/mm] x = e
Also erstmal muss $x [mm] \neq [/mm] 0$ sein, ansonsten macht das ganze sowieso keinen Sinn. Dann hat man das Problem, dass [mm] $x^y$ [/mm] fuer komplexe Zahlen $x, y [mm] \in \IC$ [/mm] im Allgemeinen nicht wohldefiniert ist, da in [mm] $x^y [/mm] = [mm] \exp(y \log [/mm] x)$ der Logarithmus nicht eindeutig ist, oder anders gesagt, [mm] $x^y$ [/mm] ist eigentlich eine Menge von Zahlen :) Durch Wahl eines Logarithmus von $x$ macht man [mm] $x^y$ [/mm] eindeutig.
Sei nun $z$ irgendeine komplexe Zahl mit [mm] $\exp(z) [/mm] = x$: dann ist $z$ ein Logarithmus von $x$. (Zwei solche "Loesungen" $z$ unterscheiden sich um ein ganzzahliges Vielfaches von $2 [mm] \pi [/mm] i$.) Damit ist die allgemeine Loesung von [mm] $x^{\pi i}$ [/mm] gleich [mm] $\exp((z [/mm] + k 2 [mm] \pi [/mm] i) [mm] \pi [/mm] i)$ mit $k [mm] \in \IZ$; [/mm] dies ist aber gleich [mm] $\exp(z \pi [/mm] i - 2 k [mm] \pi^2) [/mm] = [mm] \frac{\exp(\pi i z)}{\exp(2 k \pi^2)}$. [/mm] Damit dies gleich $-1$ ist, muss also [mm] $\exp(\pi [/mm] i z) = [mm] -\exp(2 [/mm] k [mm] \pi^2)$ [/mm] sein, also eine negative reelle Zahl. Dies wiederum schraenkt die Wahl von $z$ ein: es muss dann naemlich [mm] $\pi [/mm] i z = 2 k [mm] \pi^2 [/mm] + (2 [mm] \ell [/mm] + 1) [mm] \pi [/mm] i$ sein mit [mm] $\ell \in \IZ$. [/mm] Dies nach $z$ aufgeloest ergibt $z = -2 i k [mm] \pi [/mm] + (2 [mm] \ell [/mm] + 1)$ mit $k, [mm] \ell \in \IZ$.
[/mm]
Damit ist aber $x = [mm] \exp(z) [/mm] = [mm] \exp(-2 [/mm] i k [mm] \pi [/mm] + (2 [mm] \ell [/mm] + 1)) = [mm] \exp(2 [/mm] i [mm] \pi)^{-k} \cdot \exp(2 \ell [/mm] + 1) = [mm] \exp(2 \ell [/mm] + 1) = e [mm] \cdot e^{2 \ell}$.
[/mm]
Damit ist $e$ nicht ganz eindeutig, aber die kleinste Loesung [mm] $\ge [/mm] 1$ dieser Gleichung (und alle Loesungen sind reell).
> b) [mm]e^{y*i}+1[/mm] = 0 [mm]\Rightarrow[/mm] y = [mm]\pi[/mm]
Hier ist das einfacher Man kann $y$ um ganzzahlige Vielfache von [mm] $\frac{1}{i} [/mm] 2 [mm] \pi [/mm] i = 2 [mm] \pi$ [/mm] veraendern, ohne etwas am Ergebnis zu aendern (und das ist auch die einzige Moeglichkeit $y$ zu aendern ohne das Ergebnis zu aendern). Damit ist die Loesungsmenge durch [mm] $\{ (2 \ell + 1) \pi \mid \ell \in \IZ \}$ [/mm] gegeben.
Auch hier: alle Loesungen sind reell, [mm] $\pi$ [/mm] ist die kleinste nicht-negative Loesung.
> c) [mm]e^{\pi*z}+1[/mm] = 0 [mm]\Rightarrow[/mm] z = i
Hier kann $z$ um ganzzahlige Vielfache von [mm] $\frac{1}{\pi} [/mm] 2 [mm] \pi [/mm] i = 2 i$ veraendert werden; die Loesungsmenge ist also [mm] $\{ (2 \ell + 1) i \mid \ell \in \IZ \}$. [/mm] Hier ist $i$ die Loesung mit kleinstem nicht-negativen Imaginaerteil (und alle Loesungen sind rein imaginaer).
Insgesamt folgt also: $e$, [mm] $\pi$ [/mm] und $i$ sind nicht ganz eindeutig, aber die schoenste Wahl (und in einer gewissen Weise kleinste, einfachste) an Loesungen
LG Felix
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 08:49 Do 11.02.2010 | Autor: | rabilein1 |
Danke für die Antwort, Felix.
Somit gibt es also wirklich einen Zusammenhang zwischen e und Pi (wenn auch über den Umweg mit i)
Eine etwas "intime" Frage - die du allerdings nicht unbedingt beantworten musst - hätte ich dennoch:
Wie ist es möglich, innerhalb von weniger als 20 Minuten nach meiner Fragestellung eine so umfassende Antwort zu geben??
Für mich grenzt so etwas mehr an Hexerei als an höhere Mathematik - es sei denn, du hattest das alles schon vorher auf deiner Festplatte gespeichert.
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 08:57 Do 11.02.2010 | Autor: | felixf |
Hallo Rabilein,
> Eine etwas "intime" Frage - die du allerdings nicht
> unbedingt beantworten musst - hätte ich dennoch:
> Wie ist es möglich, innerhalb von weniger als 20 Minuten
> nach meiner Fragestellung eine so umfassende Antwort zu
> geben??
nun, ich hab deine Frage wie eine Art Uebungsaufgabe angefasst: gegeben sind ein paar Gleichungen, gesucht sind alle Loesungen. Und wenn man weiss, wie die Exponentialfunktion im komplexen "funktioniert" (am wichtigsten ist hier, dass [mm] $\exp(x) [/mm] = [mm] \exp(y) \Leftrightarrow \exists [/mm] z [mm] \in \IZ [/mm] : x - y =2 [mm] \pi [/mm] i z$ und [mm] $\exp(a [/mm] + b) = [mm] \exp(a) \exp(b)$ [/mm] und, dass [mm] $\exp [/mm] : [mm] \IC \to \IC \setminus \{ 0 \}$ [/mm] surjektiv ist), und was eigentlich [mm] $x^y$ [/mm] bedeutet (Stichwort: Zweige vom Logarithmus), dann sind diese Aufgaben nicht soo schwer zu loesen.
Ich habe einfach auf "Antworten" geklickt, die Gleichungen geloest und versucht, es gleichzeitig so aufzuschreiben das man es nachvollziehen kann.
> Für mich grenzt so etwas mehr an Hexerei als an höhere
> Mathematik - es sei denn, du hattest das alles schon vorher
> auf deiner Festplatte gespeichert.
Nur Einzelteile, aber mit denen ist die Loesung nicht so schwer. Es waren immer Gleichungen vom Typ [mm] $\exp(x \log [/mm] y) = -1$, also $x [mm] \log [/mm] y = (2 k + 1) [mm] \pi [/mm] i$ (mit $k [mm] \in \IZ$), [/mm] wo entweder $x$ oder $y$ fest ist (und man im Falle $y [mm] \not\in \IR_{>0}$ [/mm] noch aufpassen muss).
LG Felix
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 11:05 Fr 12.02.2010 | Autor: | rabilein1 |
> Und wenn man weiss, wie die Exponentialfunktion im komplexen "funktioniert" ...
Das ist wohl das Entscheidendste, dass man so etwas schon vorher weiß.
Ich hatte versucht, die dahintersteckende Logik zu ergründen, aber dazu wären zu viele Vorkenntnisse erforderlich gewesen.
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 09:20 Do 11.02.2010 | Autor: | SEcki |
> Somit gibt es also wirklich einen Zusammenhang zwischen e
> und Pi (wenn auch über den Umweg mit i)
Das ist aber auch nicht verwunderlich - [m]\pi[/m] ist ja die Nullstelle vom Sinus, und den kann man die über die e-Funktion definieren.
> Eine etwas "intime" Frage - die du allerdings nicht
> unbedingt beantworten musst - hätte ich dennoch:
> Wie ist es möglich, innerhalb von weniger als 20 Minuten
> nach meiner Fragestellung eine so umfassende Antwort zu
> geben??
Pfff. Ich konnte bloß net antworten, weil der Felix sich schon drangesetzt hatte.
> Für mich grenzt so etwas mehr an Hexerei als an höhere
> Mathematik - es sei denn, du hattest das alles schon vorher
> auf deiner Festplatte gespeichert.
Ohne Felix' Antwort en detail gelesen zu haben - es folt alles im Wesentlichen aus [m]e^a=1 \gdw a\in2\pi i\IZ[/m].
SEcki
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 09:34 Do 11.02.2010 | Autor: | felixf |
Moin SEcki!
> > Somit gibt es also wirklich einen Zusammenhang zwischen e
> > und Pi (wenn auch über den Umweg mit i)
>
> Das ist aber auch nicht verwunderlich - [m]\pi[/m] ist ja die
> Nullstelle vom Sinus, und den kann man die über die
> e-Funktion definieren.
Ja, und [mm] $\cos \pi [/mm] = -1$.
> > Eine etwas "intime" Frage - die du allerdings nicht
> > unbedingt beantworten musst - hätte ich dennoch:
> > Wie ist es möglich, innerhalb von weniger als 20 Minuten
> > nach meiner Fragestellung eine so umfassende Antwort zu
> > geben??
>
> Pfff. Ich konnte bloß net antworten, weil der Felix sich
> schon drangesetzt hatte.
> > Für mich grenzt so etwas mehr an Hexerei als an höhere
> > Mathematik - es sei denn, du hattest das alles schon vorher
> > auf deiner Festplatte gespeichert.
>
> Ohne Felix' Antwort en detail gelesen zu haben - es folt
> alles im Wesentlichen aus [m]e^a=1 \gdw a\in2\pi i\IZ[/m].
Genau.
LG Felix
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