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Hallo!
Es ist mal wieder soweit, dass ich mein "Hass"-Thema Halbleiterdotierung unterrichten muss.
Ich will aber nun mal versuchen, ob ich doch noch Zugang finde, indem ich hier meine Grundsatzproblemfrage stelle.
Die Lochleitung verstehe ich einfach nicht, da sie mit zwei mir widersprüchlich erscheinden Axiomen erklärt wird.
1. Axiom: Das freie Elektron fällt mit großer Wahrscheinlichkeit in ein Loch, wenn ein elektrisches Feld in Richtung Loch anliegt.
2. Axiom: Das Elektron verlässt das Loch, wenn ein elektrisches Feld (ausreichender Stärke) anliegt.
So sollen es die Schüler ja lernen und "erklären"... Ich denke, mein Problem damit ist deutlich.
Kann mir irgendjemand die Sinnhaftigkeit doch noch nach 11 Jahren Lehr-/Leertätigkeit für dieses Thema schlüssig machen?
Wäre echt der Wahnsinn, wenn das doch noch gelingt. :-D
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(Antwort) fertig | Datum: | 09:16 Fr 07.05.2021 | Autor: | chrisno |
Das liest sich für mich sehr konfus, kein Wunder, dass es dir unverständlich erscheint.
Es gibt den Prozes der Lochentstehung. Mit zunehmender Temperatur gelangen mehr Elektronen in die von den Dotieratomen erzeugten Energieniveaus. Dort sitzen sie fest (naja, es geht rein und raus, aber die Zahl bleibt im Mittel gleich) und tragen nicht zur Leitfähigkeit bei (weil sie festsitzen).
https://de.wikipedia.org/wiki/Defektelektron
Da Valenzband ist nun nicht mehr voll besetzt und daher können dessen Elektronen zur Leitung beitragen. Diese ist die Reaktion auf ein angelegtes elektrisches Feld.
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> 1. Axiom: Das freie Elektron fällt mit großer
> Wahrscheinlichkeit in ein Loch, wenn ein elektrisches Feld
> in Richtung Loch anliegt.
- was meinst du mit freiem Elektron?
- was heißt: fällt in ein Loch?
- die Formulierung "elektrisches Feld in Richtung Loch" ist mir noch nie begegnet
(Soweit ich mich erinnern kann, den Kurs "Solid-State-Physics" hatte ich vor fast 40 Jahren belegt.)
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Mechanische Analogie:
[Dateianhang nicht öffentlich]
Oben: kein Feld, keine Bewegung des Elektrons
Mitte: kleines Feld in Lochrichtung, Elektron gerät in Bewegung und landet im Loch
Unten: Starkes äußeres Feld zieht Elektron wieder aus dem Loch heraus.
Dateianhänge: Anhang Nr. 1 (Typ: JPG) [nicht öffentlich]
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 17:12 Fr 07.05.2021 | Autor: | chrisno |
Kennt ihr eine Quellenangabe für dieses Modell?
ICh bin ziemlich irritiert, weil es so gar nichts mit dem zu tun hat, was ich zur Löcherleitung gelernt habe.
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Die Quelle bin ich.
Das Ganze ist eine mechanische Analogie: Ersetze die el. Kraft durch die Gravitationskraft, das Elektron durch eine Kugel bzw. alles umgekehrt. Damit wollte ich deine beiden Fragen auf einfache Weise erklären.
Einfache Erklärung durch Felder bzw. el. Anziehung statt mechanischer Analogie:
Zu jedem Atom gehören so viele Elektronen, wie es Protonen hat, dann ist es neutral. Fehlt z.B. bei Kohlenstoff ein Elektron (Fehlen = "Loch") und ist eins in der Nähe, so ziehen die 6 Protonen im Kern es an und die 5 vorhandenen Elektronen stoßen es ab, bleibt also eine anziehende el. Kraft übrig, die das Elektron zum Atom "ins Loch" zieht. Zieht man aber von außen mit einer hohen Spannung an den Elektronen, so kann man sie wieder vom Atom wegziehen, das erste leichter als das zweite, dieses leichter als das dritte usw. Bei Kohlenstoff würde das letzte von 6 Protonen "festgehalten" und ist daher ganz schwer vom Atom zu
trennen.
Wenn z.B. von links ein Elektron von einem Atom nach rechts in ein Loch wandert, lässt es selber eines zurück. Rückt dann das nächste von links nach, weil es durch ein Feld nach rechts gezogen wird, wandert das Loch wieder ein Atom weiter nach links usw.
Der Unterschied zu meinem Modell: Da würden alle Kugeln gleichzeitig aus ihren Löchern purzeln. Bei den Atomen: Die Spannung zieht alle Elektronen nach rechts. Diese werden von den Nachbarelektronen durch deren Abstoßung aufgehalten. Das Elektron links neben einem Loch hat aber diesen Nachbarn nicht, es springt in das Loch. Jetzt fehlt dem Elektron links vom Loch der Nachbar als "Stütze", es springt nach rechts usw.
Eine genauere Erklärung findest du bei
https://de.wikipedia.org/wiki/Valenzband,
aber genauer heißt nicht einfacher.
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 20:41 Fr 07.05.2021 | Autor: | chrisno |
Die Quelle bei Wikipedia kenne ich. Dass man für den Unterricht vereinfachen muss ist mir auch klar. Bloß finde ich die Analogie unpassend.
Das habe ich ja schon geschrieben.
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Vielleicht so besser?
Die Elektronen werden von den Atomkernen festgehalten, sind aber verschieden weit von diesen entfernt, und deshalb erfahren die äußeren nur eine geringe Anziehungskraft. Die stellen wir uns mal in einer Reihe angeordnet vor wie die Eier ein einem Eierkarton.
Irgendwo fehlt ein Ei (Loch), aus welchem Grund auch immer. Jetzt könnte z.B. das Nachbarelektron links davon in die Lücke springen, es wird sogar von seinem Nachbarn abgestoßen, aber sein Atomkern zieht stärker und hält es fest.
Nun bringen wir rechts eine positive Ladung in die Nähe, die an allen Elektronen nach rechts zieht. Wenn deren Kraft stark genug ist, wird nun der linke Nachbar nach rechts in das Loch gezogen. Dadurch entsteht nun links ein neues Loch, das nächste Elektron wandert hinein usw.
Also wandern die Elektronen nach rechts und die Löcher nach links. Das Elektron neutralisiert das Atom rechts und sorgt für ein positives Atom links unter dem neuen Loch, das Ganze wirkt somit, als wäre eine positive Ladung nach links gewandert.
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(Antwort) fertig | Datum: | 21:22 Sa 08.05.2021 | Autor: | chrisno |
Ich versuche mich in das Modell hineinzudenken.
Es soll das Bändermodell nicht verwendet werden. Das ist verständlich, weil es den SuS kaum zu vermitteln ist; die Begründung kommt ja aus der Quantenmechanik.
Die Lokalisierung der Elektronen bei den Atomen ist nötig, weil sonst kein Unterschied zur Leitung in Metallen mit frei beweglichen Elektronen vorhanden wäre.
Im undotierten Fall:
Um die Elektronen in Bewegung zu setzen, muss die Energie, mit der die Elektronen am jeweiligen Atom gebunden sind, überwunden werden, zum Beispiel durch ein elektrisches Feld. (Das ist die Energie, die für den Übergang vom Valenzband zum Leitungsband erforderlich ist.)
n-dotiert:
An den Dotieratomen gibt es ein vergleichsweise locker gebundenes Elektron. Wird eine Spannung angelegt, dann reicht diese aus, um die relativ schwache Bindung zu lösen und das Elektron kann sich bewegen. Es fließt ein Strom.
Problem: Es müsste dann eine Mindestspannung geben, unterhalb derer kein Strom fließt, weil sie nicht ausreicht, um die Elektronen aus ihren schwachen Bindungen zu lösen.
Es wird unterschlagen, dass bei Raumtemperatur die thermische Energie schon ausreicht, um die Elektronen aus ihren schwachen Bindungen zu lösen. Also ist es eigentlich wie bei den Metallen:
Es sind frei bewegliche Elektronen vorhanden. Wird eine Spanung angelegt, bewegen sie sich entsprechend.
Ich meine, dass hier noch mit dem Schalenmodell begründet werden muss, warum das Elektron nun sich so anders bewegen kann. Es verlässt eine gefüllte Schale und kann dann auch in die entsprechenden ungefüllten Schalen der Halbleiteratom weiterwandern. Die Halbleiteratome können es nicht einfangen, weil ihre Schale gefüllt ist.
p-dotiert:
An den Dotieratomen gibt es Bindungsmöglichkeiten für Elektronen, die etwas schwächer als die Bindungen an die Halbleiteratome (Si,Ge) sind. Es muss also Energie aufgebracht werden, um ein Elektron vom Halbleiteratom zum Dotieratomm zu bringen. Wieder steht bei Raumtemperatur dafür genug thermische Energie zur Verfügung.
Nun wird es argumentativ schwierig.
Die Elektronen an den Dotieratomen sind an ihrem Atom gebunden. Sie können dort nur weg, wenn in der Nachbarschaft ein freier Platz vorhanden ist. Um sie anderfalls trotzdem in Bewegung zu bringen, müsste eine Energie, die fast so groß ist wie im undotierten Fall, zugeführt werden.
Da die thermische Energie ausreicht, um das Elektron zum Dotieratom zu bringen, reicht sie auch aus, um ein Elektron von einem Halbleiteratom zu einem benachbarten zu bringen, dem gerade ein Elektron "weggehüpft" ist. Als Effekt hüpfen also entsprechend die Leerstellen = Löcher durch die Gegend. Das ist auch der Grund, warum ein Elektron am Dotieratom nicht sofort wieder zurück hüpft: Sein Ausgangsloch ist gerade weggehüpft. Falls wieder ein Loch vorbei kommt, kann die Chance zum zurückhüpfen durchaus wahrgenommen werden.
Wird eine Spanung angelegt, dann ergibt sich dadurch für das Hüpfen der Elektronen eine Vorzugsrichtung. Dadurch entsteht die Bewegung der Löcher, die von HJKweseleit ja ausführlich beschrieben ist.
Beim Isolator sind die Bindungen fester und es muss eben noch mehr Energie zugeführt werden. Beispiel ist das glühende Kochsalz, das leitend wird.
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Danke an HJKweseleit und chrisno für das Ausbreiten des Themas!
Ich bin immer noch am Hineindenken und muss auch chrisnos letztliche Ausführungen noch mal durchdringen. Eventuell würde ich dann dazu auch noch eine Frage stellen.
Schneller geht es natürlich mit dem sehr anschaulichen Modell von HJKweseleit. Da würde ich gern noch mal rein und Möglichkeiten und Begrenzungen diskutieren:
Wenn ich es richtig verstehe, dann könnten wir mit der Lochtiefe oder Lochsteile die Bindungsenergie verdeutlichen. Ich entscheide mich für die "Steile". Nach den weiteren Ausführungen von HJKweseleit müssten die Umgebungslöcher steiler werden, sobald ein Elektron sein sich in der Nähe befindenes Loch verlässt. Weiter müsst die Lochform dergestalt sein, dass nach dem Hineinkullern Energie verloren geht bzw. ein Teil der Energie die Energieform wechselt und damit dem System verloren geht. Vielleicht ginge dies mit "rechtwinkligen" Löchern, sodass Höhenenergie nicht in Bewegungsenergie gewandelt (weil die Bewegungsrichtung nicht passt) werden kann.
Ich kombiniere das mal - Lochverhalten: Stark gebundene Elektronen sitzen in Löchern mit senkrechten Wänden. Weniger stark gebundene Elektronen sitzen in Löcher mit weniger steilen Wänden, ich nennen sie der Einfachheit halber aber nicht ganz korrekt im Folgenden "flache" Löcher. Sind die flachen Löcher genauso tief, so müssten sie dafür ausgehnter (breiter) sein. Insgesamt etwa so:
[Dateianhang nicht öffentlich]
Ein n-dotierte Leiter hätte an bestimmten Stellen flache besetzte Löcher. Wenn wir nur auch noch einführen, dass ein sich einem Loch näherndes Elektron dieses Loch flacher macht, dann klappt es vielleicht mit der Diode. Ich probiere es mal:
Wir verbinden die n-Seite der Diode mit einen Minus-Pol und p Seite der Diode mit einem Plus. Unsere Ebene ist gekippt vom Minus zum Pluspol. Ein locker gebundenes Elektron 1 in der n-Seite verlässt zuerst sein Loch. Die Löcher (insbesondere in der Nähe des gerade verlassenen Loches) werden steiler. Mmmhm, was macht nun das gelöstete Elektron 1? Hat es Glück kullert an all den steilen Löchern vorbei? Nein, das sei zu unwahrscheinlich, es weitet ja auch die Löcher aus, wenn es in deren Nähe kommt. Elektron 1 nähert sich einem Loch und weitet es so sehr aus, dass sich das darin befindene Elektron 2 aus dem Loch kullert und gleichzeitig Elektron 1 hineinrollt. Sobald jedoch Elektron 2 das Loch verlässt, wird wieder so steil, dass Elektron 1 dort nicht einfach herauskommt.
Und warum sollte nun das ursprüngliche (Start-)Loch vom Elektron 1 gefüllt werden? Die Löcher der umgebenen Elektronen sind steiler geworden, wie sollten diese anderen Elektronen nun besser aus ihren Löchern kommen? Sollten nicht gefüllte Löcher vielleicht flächer (und eben ausgedehnter) werden? Klappt es dann?
Es bleiben eigentlich noch Fragen, vielleicht sogar Widersprüche.
Aber gut, gehen wir trotzdem zur p-Schicht. Das Elektron 2 falle in eines der Löcher der p-Schicht. Das macht alle Löcher insbesondere in der Umgebung von Elektron 2 weniger steil. Elektron 3 kann dadurch sein Loch verlassen. Die Löcher werden wieder steiler. Siehe für Elektron 3 nun Werdegang von Elektron 1. Mmhm, aber so richtig ergiebig ist die Geschichte nicht:-/ Warum ist es attraktiver in Nichtbesetze Löcher zu fallen? Hilft tatsächlich die Regel "ein nicht besetztes Loch ist ausgedehnter"?
Kritisch sehe ich hier den Zeitpunkt der Lochsteilheitszunahme. Wann genau muss dies passieren? Schon beim Verlassen? Dann gelingt das Verlassen vielleicht gar nicht erst.
Fragen, Fragen, Fragen..
Dateianhänge: Anhang Nr. 1 (Typ: png) [nicht öffentlich]
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[Dateianhang nicht öffentlich]
Für die Diode schlage ich dir ein vereinfachtes "Böschungsmodell" vor.
Der linke Halbleiterteil ist p-dotiert, der rechte n-dotiert. In jedem Teil gleichen sich zunächst positive (rot) und negative (blau) Ladungen aus. Da die Elektronen sich bewegen können, bilden sie in diesem Modell die obere "Sandschicht" (oberes Bild, neutraler Zustand).
Der rechte Teil ist höher gelagert, weil die Elektronen aufgrund der Gitterstruktur "überzählig" sind und vom Gitter "am liebsten" ausgeschieden werden, während sie in der Gitterstuktur links fehlen.
Im Grenzbereich rutschen die Elektronen deshalb vom rechten in den linken Teil (z.B. durch Wärmebewegung) und bilden dabei eine Böschung (unteres Bild). Im Grenzbereich ist damit der linke Teil negativ, der rechte positiv geladen.
Legt man nun links eine positive Spannung gegen rechts an, so ist das so, als würde man die untere Figur nach links kippen. Die Elektronen können weiter abrutschen, werden links in den Stromkreis aufgenommen und gleichzeitig oben rechts wieder nachgeliefert, so dass eine "Rutschbahn" für die Elektronen entsteht, die umso schneller fließen, je stärker die Figur kippt (Ventil auf).
Legt man links einen negative Spannung gegen rechts an, so ist das so, als würde man die untere Figur nach rechts kippen. Die Elektronen können aber nicht einfach nach rechts über die Böschung hochgleiten, weil diese besetzt ist, und bleiben so stecken (Ventil zu). Erhöht man die Spannung, kippt die Figur weiter, bis es dann zur Katastrophe kommt, weil dann auf einmal alles ins Rutschen kommt (Durchbruchspannung).
Damit kann man erklärungsmäßig auf die Löcherleitung und weitere Komplikationen verzichten.
Dateianhänge: Anhang Nr. 1 (Typ: JPG) [nicht öffentlich]
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