Zerrissenheit Romantik? < Sonstiges (Deutsch) < Deutsch < Sprachen < Vorhilfe
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(Frage) beantwortet | Datum: | 10:45 Do 18.12.2008 | Autor: | Dinker |
Guten MOrgen
Bei dem Werk die "Bäder von Lucca" hat unsere Léeherin gesagt, dass an der folgenden Textstelle romantische Elemente zu erkennen sind (Kapitel 4):
"Lieber Leser, gehörst du vielleicht zu jenen frommen Vögeln, die da einstimmen in das Lied von byronischer Zerrissenheit, das mir schon seit zehn Jahren, in allen Weisen, vorgepfiffen und vorgezwitschert worden, und sogar im Schädel des Marchese, wie du oben gehört hast, sein Echo gefunden? Ach, teurer Leser, wenn du über jene Zerrissenheit klagen willst, so beklage lieber, daß die Welt selbst mitten entzweigerissen ist. Denn da das Herz des Dichters der Mittelpunkt der Welt ist, so mußte es wohl in jetziger Zeit jämmerlich zerrissen werden. Wer von seinem Herzen rühmt, es sei ganz geblieben, der gesteht nur, daß er ein prosaisches weit abgelegenes Winkelherz hat. Durch das meinige ging aber der große Weltriß, und ebendeswegen weiß ich, daß die großen Götter mich vor vielen anderen hoch begnadigt und des Dichtermärtyrtums würdig geachtet haben."
Das Zerrissene soll etwas romantisches sein, aber was ist daran so romantisch? Hoffe ihr seit trotz eines nicht zu erkennenden eigenen Ansatzes bereit zu helfen, denn ich stehe momentan echt an.
Besten Dank
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> Guten MOrgen
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> Bei dem Werk die "Bäder von Lucca" hat unsere Léeherin
> gesagt, dass an der folgenden Textstelle romantische
> Elemente zu erkennen sind (Kapitel 4):
> "Lieber Leser, gehörst du vielleicht zu jenen frommen
> Vögeln, die da einstimmen in das Lied von byronischer
> Zerrissenheit, das mir schon seit zehn Jahren, in allen
> Weisen, vorgepfiffen und vorgezwitschert worden, und sogar
> im Schädel des Marchese, wie du oben gehört hast, sein Echo
> gefunden? Ach, teurer Leser, wenn du über jene
> Zerrissenheit klagen willst, so beklage lieber, daß die
> Welt selbst mitten entzweigerissen ist. Denn da das Herz
> des Dichters der Mittelpunkt der Welt ist, so mußte es wohl
> in jetziger Zeit jämmerlich zerrissen werden. Wer von
> seinem Herzen rühmt, es sei ganz geblieben, der gesteht
> nur, daß er ein prosaisches weit abgelegenes Winkelherz
> hat. Durch das meinige ging aber der große Weltriß, und
> ebendeswegen weiß ich, daß die großen Götter mich vor
> vielen anderen hoch begnadigt und des Dichtermärtyrtums
> würdig geachtet haben."
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Ohne jetzt das Werk genau zu kennen oder die zeitliche Einordnung, kann ich dir aber sagen, welche Elemente hier romantisch sind: Romantisch ist, wie Novals es ja auch ausdrückt, dass der Dichter sich selbst "potenziert". Die Romantiker sahen, wie es hier auch genannt wird, das Göttliche in sich selbst. Ich markiere dir oben einmal die Stellen grün, die besonders romantisches Gedankengut aufweisen:
Es beginnt damit, dass der Autor feststellt, dass es nicht nur einen situativen Missstand gibt, sondern dass die Welt sebst "entzweigerissen" ist, eben jenes Empfinden der Romantiker, die ja die Industrialisierung, die Kriege und die Entmenschlichung ablehnten und Zuflucht im Mittelalter, der geordneten Welt suchten, dabei die Nacht und den Traum und die Poesie als Zufluchtsorte aufsuchten und den Tag, das klare, hässliche Bild der Welt mieden. Der Autor drückt hier aus, dass die Welt einen Riss hat, der die Dichter und eigentlich alle Menschen mit Herz, also mit prosaischer Empfindung zutiefst schmerzen müsse. Außerdem ist typisch romantisch, dass der Autor als Dichter in sich selbst eine göttliche Macht und Fügung spürt. Für Romantiker war der Dichter die wichtigste Person, er selbst war in der Lage, die schönsten Gefühle heraufzubeschwören und sich zu potenzieren. Und so fühlt sich auch der Autor von den Göttern "begnadigt", also für seine Rolle und sein Tun ausgezeichnet und als würdig befunden.
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 11:47 Do 18.12.2008 | Autor: | Dinker |
Besten Dank Adamantin, du hast mir sehr geholfen
Tausendfachen Dank
Gruss Dinker
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