Zusammenhang und diskreter Raum < Topologie+Geometrie < Hochschule < Mathe < Vorhilfe
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(Frage) beantwortet | Datum: | 15:53 Sa 10.07.2004 | Autor: | Wessel |
Hallo,
Wieder mal eine Äquivalenz, bei der ich nur die eine Richtung (naja) hinbekomme.
Aufgabe: Sei E ein topologischer Raum. Zeige: E ist genau dann unzusammenhängend, wenn es eine stetige Abbildung von E auf den diskreten Raum [mm] $\{0,1\}$ [/mm] gibt.
(Quelle: Heuser, Lehrbuch der Analysis, Teil 2, Kapitel 160, Aufgabe 3).
1. Frage: Heißt dieser Raum diskreter Raum, weil er nur aus den beiden Elementen 0 und 1 besteht (und damit z.b. auch alle Körperaxiome erfüllt), oder kommt der Begriff durch eine Metrik - diskrete Metrik. Denn irgendwie machen ja Begriffe wie "offen" und "abgeschlossen" nur Sinn bezüglich Metriken/Normen.
Aus Verzweiflung nehme ich an, es gäbe im diskreten Raum eine irgendwie geartete Metrik.
" [mm] $\Leftarrow$ [/mm] " Sei $f : E [mm] \to \{0,1\}$ [/mm] stetig. Dann sind die Urbilder offener Mengen offen und die Urbilder abgeschlossener Mengen abgeschlossen.
[mm] $\{0\} \subset \{0,1\}$ [/mm] ist bezüglich jeder Metrik offen. Sei [mm] $(x_n)$ [/mm] eine Cauchy-Folge in [mm] $\{0\}$. [/mm] Dann liegt auch der Grenzwert von [mm] $(x_n)$ [/mm] in [mm] $\{0\}$, [/mm] demnach ist also [mm] $\{0\}$ [/mm] Folgenabgeschlossen, also abgeschlossen. Dann ist aber das Bild von [mm] $f^{-1}(\{0\})$ [/mm] ebenfalls offen und abgeschlossen.
2. Frage: Es könnte ja sein, daß [mm] $f(E)=\{0\}$ [/mm] bzw [mm] $f^{-1}(\{0\})=E$. [/mm] Dann habe ich ja nichts gewonnen. Wie schließe ich das aus? Denn dann hätte ich ja mit [mm] $f^{-1}(\{0\})=M$ [/mm] eine weitere Menge neben [mm] $E,\emptyset$, [/mm] die sowohl offen und abgeschlossen ist.
" [mm] $\Rightarrow$ [/mm] " Sei E unzusammenhängend und $f : E [mm] \to \{0,1\}$. [/mm] Zu zeigen: f ist stetig.
E ist unzusammenhängend, dann gibt es mind. eine weitere Menge M neben $E, [mm] \emptyset$, [/mm] die sowohl offen als auch abgeschlossen ist. Im diskreten Raum sind alle (Teil-)Mengen offen und abgeschlossen.
Ist nun $f(M) = [mm] \{0\}$ [/mm] oder [mm] $f(M)=\{1\}$, [/mm] dann sind die Urbilder der offenen Mengen offen und die Urbilder abgeschlossener der Mengen abgeschlossen => f stetig.
Ist $f(M) = [mm] \{0,1\}$ [/mm] dann ist das Urbilder der offenen und abgeschlossenen Menge wiederum offen und abgeschlossen => f stetig.
Vielleicht guckt mal einer rüber? Danke
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Gruß!
Die Aufgabe ist nicht ganz richtig formuliert. Natürlich kann ich auch einen zusammenhängenden Raum stetig nach [mm] \{0,1\}[/mm] abbilden, aber das geht nur trivial - also alles auf 0 oder alles auf 1.
Zunächst mal für die Begriffe:
1)
Ein "diskreter" Raum im topologischen Sinn ist ein Raum, in dem JEDE Menge sowohl offen als auch abgeschlossen ist. Das heißt die "Topologie" besteht aus der Potenzmenge der zugrundeliegenden Menge.
Das heißt so, weil ein metrischer Raum mit diskreter Metrik immer auch diese Topologie aufweist (klar... wenn z.B. je zwei Punkte Abstand 1 haben, ist jede 1-punktige Menge offen, da sie gleich dem Epsilon-Ball mit Epsilon kleiner als 1 ist. Und da bel. Vereinigungen offener Mengen wieder offen sind und jede Teilmenge sich als Vereinigung ihrer Punkte schreiben läßt folgt, dass jede Menge offen ist)
Bedenke aber, dass Du im allgemeinen topologischen Fall keine Metrik hast, man kann z.B. auch nicht von Cauchy-Folgen oder so was reden!
Stetigkeit bedeutet nämlich im Fall topologischer Räume einfach: eine Abbildung f ist stetig genau dann, wenn Urbilder offener Mengen wieder offen sind. Diese Definition bezieht sich nur auf die Topologien der beteiligten Räume. Man kann zeigen, dass im Fall metrischer Räume dies mit dem üblichen Stetigkeitsbegriff (z.B. [mm] \varepsilon - \delta[/mm]) übereinstimmt.
Zur Aufgabe:
Wenn es eine nicht-konstante stetige Abbildung [mm] f : E \rightarrow D:=\{0,1\} [/mm] gibt, dann sind [mm] A:=f^{-1}(\{0\})[/mm] und [mm] B:= f^{-1}(\{1\}) [/mm] zwei nicht leere Teilmengen von [mm] [/mm], die komplementär sind und beide offen, folglich also beide abgeschlossen. Damit hängt [mm] E [/mm] nicht zusammen.
Andersrum, wenn [mm] E [/mm] unzusammenhängend ist, dann findet man zwei solcher Mengen [mm] A [/mm] und [mm] B [/mm]. Definiert man dann eine Abbildung, die auf [mm] A [/mm] konstant 1 ist und auf [mm] B[/mm] konstant 0, dann folgt dass diese stetig ist (weil die Urbilder der offenen Mengen [mm] \{0\}, \{1\}[/mm] per Definition offen sind). Und das wars auch schon. :)
Ja, mengentheoretische Topologie ist was Feines...
Lars
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(Frage) beantwortet | Datum: | 16:31 Sa 10.07.2004 | Autor: | Wessel |
Lieber Lars,
> Zunächst mal für die Begriffe:
>
> 1)
>
> Ein "diskreter" Raum im topologischen Sinn ist ein Raum, in
> dem JEDE Menge sowohl offen als auch abgeschlossen ist. Das
> heißt die "Topologie" besteht aus der Potenzmenge der
> zugrundeliegenden Menge.
D.h. wenn mir in einer Fragenstellung der Begriff "diskreter Raum" über den Aufgabenzettel läuft, kann ich getrost auf einen Beweis verzichten, dass die Teilmengen offen und zugleich abgeschlossen sind?
> Das heißt so, weil ein metrischer Raum mit diskreter
> Metrik immer auch diese Topologie aufweist (klar... wenn
> z.B. je zwei Punkte Abstand 1 haben, ist jede 1-punktige
> Menge offen, da sie gleich dem Epsilon-Ball mit Epsilon
> kleiner als 1 ist. Und da bel. Vereinigungen offener Mengen
> wieder offen sind und jede Teilmenge sich als Vereinigung
> ihrer Punkte schreiben läßt folgt, dass jede Menge offen
> ist)
>
> Bedenke aber, dass Du im allgemeinen topologischen Fall
> keine Metrik hast, man kann z.B. auch nicht von
> Cauchy-Folgen oder so was reden!
Mmh, dann kann ich aber auch nicht von einem Epsilon-Ball reden... Mir fehlt ja dann jede Vergleichsmöglichkeit. Aber ok, ich schlucke das erst einmal und erwarte sehnsüchtig die Topologie-Vorlesung!
>
> Stetigkeit bedeutet nämlich im Fall topologischer Räume
> einfach: eine Abbildung f ist stetig genau dann, wenn
> Urbilder offener Mengen wieder offen sind. Diese Definition
> bezieht sich nur auf die Topologien der beteiligten Räume.
> Man kann zeigen, dass im Fall metrischer Räume dies mit dem
> üblichen Stetigkeitsbegriff (z.B. [mm]\varepsilon - \delta[/mm])
> übereinstimmt.
>
> Zur Aufgabe:
>
> Wenn es eine nicht-konstante stetige Abbildung [mm]f : E \rightarrow D:=\{0,1\}[/mm]
> gibt, dann sind [mm]A:=f^{-1}(\{0\})[/mm] und [mm]B:= f^{-1}(\{1\})[/mm] zwei
> nicht leere Teilmengen von [mm][/mm], die komplementär sind und
> beide offen, folglich also beide abgeschlossen. Damit hängt
> [mm]E[/mm] nicht zusammen.
>
> Andersrum, wenn [mm]E[/mm] unzusammenhängend ist, dann findet man
> zwei solcher Mengen [mm]A[/mm] und [mm]B [/mm]. Definiert man dann eine
> Abbildung, die auf [mm]A[/mm] konstant 1 ist und auf [mm]B[/mm] konstant 0,
> dann folgt dass diese stetig ist (weil die Urbilder der
> offenen Mengen [mm]\{0\}, \{1\}[/mm] per Definition offen sind). Und
> das wars auch schon. :)
>
OK, wieder mal den Fehler gemacht, dass ich ja f definieren kann! Das habe ich nun verstanden. Herzlichen Dank.
> Ja, mengentheoretische Topologie ist was Feines...
Man muß sich nur trauen!
Gruß,
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Gruß!
Wieso die Topologie-Vorlesung abwarten?
Definition: Ein topologischer Raum [mm] (X, \tau) [/mm] ist eine Menge [mm] X[/mm] zusammen mit einer sogenannten Topologie [mm] \tau[/mm]. Dabei ist [mm] \tau \subseteq P(X)[/mm] (damit meine ich die Potenzmenge von [mm] X[/mm]) eine Menge von Teilmengen von [mm] X[/mm], welche die folgenden formalen Eigenschaften erfüllt:
i) [mm] X, \emptyset \in \tau[/mm]
ii) [mm] A,B \in \tau \Rightarrow A \cap B \in \tau[/mm]
iii) Für eine beliebige Indexmenge [mm] I[/mm] und Mengen [mm] A_i \in \tau, \; i \in I[/mm] gilt: [mm] \bigcup_{i \in I}A_i \in \tau[/mm]
Oder in Worten: die Menge (der "Raum") verfügt über die zusätzliche Information, welche Mengen "offen" sein sollen (nämlich alle in [mm] \tau[/mm]). Dabei verlangt man, dass stets die leere Menge und der ganze Raum offen sein sollen und ebenso der Schnitt über zwei (und damit endlich viele) offene Mengen wieder offen ist, ebenso wie eine beliebige (auch überabzählbare!) Vereinigung.
Dies ist die formale Definition eines topologischen Raumes - eine Menge, von der (wie auch immer) bekannt ist, was die offenen Mengen sein sollen - und damit auch die abgeschlossenen, durch die Definition:
[mm] A \subseteq X[/mm] heißt abgeschlossen, falls [mm] X \backslash A[/mm] offen ist.
Eine wichtige Klasse von BEISPIELEN für topologische Räume sind metrische Räume. Wenn nämlich ein Raum [mm] Y [/mm]eine Metrik [mm] d[/mm]hat, dann definiert man eine Topologie, indem man sagt:
[mm] U \subseteq Y[/mm] heißt offen, falls man für jedes [mm] u \in U[/mm] ein [mm] \varepsilon > 0[/mm] finden kann, so dass [mm] \{ y \in Y : d(y,u) < \varepsilon \} \subseteq U[/mm].
Oder anders gesagt: in einem metrischen Raum (in dem ich von Epsilon-Bällen reden kann) sind genau solche Mengen offen, die zu jedem ihrer Punkte noch einen solchen Ball enthalten.
Was ich im obigen Post meinte ist, falls Du einen metrischen Raum mit diskreter Metrik hast, ist dort jede Menge offen.
Ein diskreter topologischer Raum verfügt per Definition über diese Eigenschaft: ein topologischer Raum heißt diskret genau dann, wenn jede Menge offen ist, oder in den Bezeichnungen oben, falls [mm] \tau = P(X)[/mm].
Und Du hast Recht, im allg. topologischen Raum macht ein Begriff wie Epsilon-Ball keinen Sinn - den habe ich auch nur in dem Beweis gebraucht, warum ein diskreter metrischer Raum diese Eigenschaft hat.
Jetzt kann man solche Spiele betreiben wie: wieviele mögliche Topologien hat ein 4-elementiger Raum? Und dann kann definieren, was Konvergenz von Folgen in bel. topologischen Räumen bedeutet und dann erstaunt feststellen, dass dann mitunter Grenzwerte nicht mehr eindeutig sind etc.
Aber das führt erstmal zu weit, denke ich. Viel Spaß weiterhin im Heuser und wenn Du Fragen hast... naja, weißt ja. :)
Lars
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